Andres AG, Lohn-Ammansegg

«Wir konzentrieren uns auf die Fertigung von komplexen Teilen»

Die vor 63 Jahren gegründete Andres AG in Lohn-Ammannsegg ist als Präzisionsdrehteileherstellerin in einer traditionsreichen, aber auch umkämpften Branche tätig. Um Bestehen zu können, wird stetig in modernste Fertigungsmethoden investiert und man konzentriert sich auf Nischenmärkte. «Von den ‹08/15-Teilen› haben wir uns weitgehend verabschiedet», sagt Firmenchef und Inhaber Dominic Andres.

Ob der vielen Start-ups in den Bereichen neuer Technologien, der Expansion der immer wichtiger werdenden MedTech-Industrie oder Grossansiedlungen wie Biogen geht eine traditionsreiche Branche fast ein wenig unter: Die Décolletageindustrie – von Olten über Solothurn bis Grenchen sind hunderte Präzisionsteilehersteller mit globaler Ausstrahlung zu Hause. Gewachsen als Zulieferer der Uhrenindustrie beliefern die Firmen heute praktisch jede Branche mit Teilen und Komponenten in höchster Präzision.  Ein Beispiel ist die Andres Präzisionsteile AG in Lohn-Ammannsegg.

Das Fundament für die heutige Andres AG legte Konstantin Bärtschi vor 63 Jahren. Die damals gegründete Einzelfirma fertigte zu Beginn ausschliesslich Schrauben und weitere Teile für die Uhrenindustrie. Erst Jahrzehnte später diversifizierte der Betrieb in Bereiche wie Elektronikteile, Brillenschrauben und Hörgeräteteile. Heute liegt das Schwergewicht im Bereich der Medizinaltechnik. Dominic Andres, der das Unternehmen seit 2002 in dritter Generation führt, spricht von «einem Ballungszentrum der Décolletageindustrie am Jurasüdfuss». Die Dichte an Präzisionsteilehersteller führe logischerweise zu einer starken Konkurrenzsituation, die er aber eher als Ansporn und weniger als Kampf empfindet. Es gebe einen regen Austausch über Problemstellungen, Erfahrungen oder gemeinsame Zielsetzungen innerhalb der Branche, sagt Andres. Er ist Vorstandsmitglied von Swiss Precision, dem Schweizerischen Verband der Drehteile-Industrie mit Sitz in Solothurn.

Keine Chance, wenn alleine der Preis entscheidet

«Unsere Hauptkonkurrenten sitzen vielmehr im Ausland, namentlich in Osteuropa und Asien», erklärt der 46-jährige Unternehmer. Insbesondere dann, wenn allein der Preis für einen Auftrag entscheidet. «In diesen Fällen können wir praktisch nicht mithalten.» Deshalb konzentriere sich die Andres AG auf die Fertigung «komplexer, anspruchsvoller Teile». Auf Nischen also, in welchen die Qualität an oberster Stelle stehe. «Von den ‹08/15-Teilen› haben wir uns weitgehend verabschiedet». Deshalb gelte es, das fertigungstechnische Know-how hoch zu halten – gerade dort, wo es beispielsweise um die Bearbeitung von schwer zerspanbaren Materialen oder um höchste Genauigkeit gehe, kombiniert mit einer hocheffizienten Fertigung. Das bedinge stetig hohe Investitionen in den Maschinenpark. Derzeit laufe gerade ein Millionen-Investitionsprojekt, um drei ältere CNC-Bearbeitungszentren durch Maschinen der neuesten Generation zu ersetzen.

Beim Rundgang durch die Produktionshallen wird klar, was Dominic Andres meint. Es riecht zwar leicht nach Öl, aber die saubere und sehr helle Werkhalle erinnert mehr an einen Bürotrakt oder an ein Labor als an einen typischen Décolletagebetrieb früherer Jahrzehnte. Der eindrückliche Maschinenpark besteht aus 26 vollautomatischen CNC-Anlagen und 24 konventionellen Langdrehautomaten. Es ist eine Symbiose von älterer, bewährter Technologie und absoluter Hightech-Produktion. Die Mitarbeitenden arbeiten konzentriert, um einbaufertige Präzisionsdrehteile im Durchmesserbereich von 0,1 bis 20 Millimetern herzustellen.  

Das mit 21 Mitarbeitenden eher kleinere Unternehmen hat schwierige Zeiten hinter sich. «Zwei Entwicklungen haben uns mehr als Bauchweh bereitet», blickt Andres zurück. Der starke Franken sei immer eine Herausforderung gewesen, aber die Aufhebung der Wechselkursuntergrenze im Januar 2015 zum Euro habe einen massiven Preisdruck ausgelöst. Zwar liege der Anteil der direkt exportierten Güter derzeit bei nur 30 Prozent. «Aber indirekt kommen unsere Teile zu über 90 Prozent im Ausland zum Einsatz», so Andres. Die Schweizer Kunden hätten denn auch umgehend Preisreduktionen gefordert, um ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der ausländischen Konkurrenz erhalten zu können. Heute sei man schon froh, wenn sich der Euro stabil bei 1.13 bis 1.15 Franken bewege.

Firma ist gut unterwegs

Obwohl sich die Uhrenbranche inzwischen wieder erholt hat, kämpft der Familienbetrieb immer noch gegen die Folgen der dortigen jüngsten Absatzkrise. «Die Aufträge aus der Branche sind komplett eingebrochen.» Dabei trage dieser Bereich normalerweise rund zehn Prozent an den Gesamtumsatz bei. Die Uhrenfirmen würden vermehrt Teile selber fertigen und die hohen Lagerbestände abbauen. «In Krisenzeiten trifft es immer zuerst die Zulieferer, die als verlängerte Werkbänke benutzt werden», beobachtet der Unternehmer. Das Kundensegment «Uhren» habe man aber nicht abgeschrieben. Jedenfalls zeige sich im Nachhinein, dass der frühzeitige Einstieg in die Medizinaltechnik richtig gewesen sei. «Ohne die Neuausrichtung hätte unsere Firma insbesondere die Banken- und Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 kaum überlebt.» Heute bilden die MedTech-Firmen mit einem Anteil von über 50 Prozent am Gesamtumsatz die Hauptkundengruppe.

Derzeit ist das Unternehmen gut unterwegs. Im vergangenen Jahr sei der Umsatz um 25 Prozent deutlich gewachsen, berichtet Andres. Und der aktuelle Auftragsbestand sei gut und man erwarte im laufenden Jahr eine ähnliche Umsatzentwicklung wie im Vorjahr. Zwar liege der Umsatz immer noch unter dem Niveau von vor 2015. Aber: «Wir nähern uns langsam an.» Konkrete Prognosen wagt er nicht zu machen. «Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich die Situation sehr rasch verändern kann.»

Schwierige Rekrutierung von Fachpersonal

Die hohe Konzentration an Décolletagefirmen am Jurasüdfuss führt nicht nur auf der Auftragsseite zu Wettbewerb, sondern auch auf der Personalseite. «Es ist nach wie vor sehr schwierig, qualifiziertes Personal für die anspruchsvolle Fertigung von Präzisionsteilen zu finden», weiss Andres aus Erfahrung. Die Knappheit führe auch dazu, dass teilweise «Fantasielöhne» bezahlt werden. «Für Kleinfirmen ist es da schwierig, mithalten zu können.» Es gelte generell, attraktive Arbeitsplätze anbieten zu können, sagt er auf die Frage, ob man aktiv Arbeitgebermarketing betreibe. «Wir haben unter anderem die Erfolgsbeteiligung für alle Mitarbeitenden eingeführt und bei den Löhnen richten wir uns an Vergleichszahlen vom Branchenverband.» Hauptaufgabe der Branche bleibe, die Berufsbildung hochzuhalten, um den Eigenbedarf an Fachpersonal decken zu können, sagt Andres. Sein Betrieb bildet seit der Firmengründung Lernende aus. Als zweischneidig beurteilt er die Vielfalt an Weiterbildungsmöglichkeiten. Einerseits sei das für die Jungen toll. «Wenn aber andererseits alle gelernten Polymechaniker oder Produktionsmechaniker nach der Lehre eine Fachhochschule oder eine andere höhere Fachausbildung absolvieren, fehlen letztlich die Fachkräfte, die im Betrieb direkt an den Maschinen arbeiten.»

Text: Franz Schaible (im Auftrag der Wirtschaftsförderung), Mai 2019