Glutz AG, Solothurn

«Eine familienfreundliche Personalpolitik ist nachhaltig»

Für das Solothurner Industrieunternehmen Glutz AG ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mehr als ein Schlagwort. Mit einer umfassenden Palette an familienfreundlichen Massnahmen bietet die Traditionsfirma Anstellungsbedingungen, welche sowohl für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber Vorteile bringen.

Schon seit Jahren bemüht sich das in der Baubeschlag und Schliesstechnik führende Solothurner Unternehmen Glutz AG, die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. «Was vor 20 Jahren noch undenkbar war, ist heute Realität», sagt Kurt Jäggi, Leiter Human Resources. Und er muss es wissen. Seit 23 Jahren ist er Personalleiter beim Industrieunternehmen und zugleich Geschäftsführer der Personalvorsorgestiftung der Glutz-Gruppe. Zudem leitete er während 15 Jahren die HR-Gruppe des Industrieverbandes Solothurn und Umgebung (Inveso). Jäggi nennt als Beispiel für den Wandel Teilzeit-Arbeitsverhältnisse für Kaderpositionen. Das Angebot werde insbesondere von jüngeren Mitarbeitenden, die eine Familie haben, rege benutzt.

Softfaktoren sind gefragt

Deshalb sei es für die Glutz AG von Beginn weg klar gewesen, an der im Frühling 2019 von der Solothurner Wirtschaftsförderung, der Handelskammer, dem Gewerbeverband und dem Verein Kindertagesstätten gestarteten «Aktion familienfreundliche Arbeitgeber» mitzumachen. Ziel der Kampagne ist es, die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Die Firmen sollen für das Thema sensibilisiert und motiviert werden. Jäggi ist überzeugt, dass die Umsetzung entsprechender Massnahmen letztlich für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber positiv wirken. Höhere Zufriedenheit führt zu höherem Engagement und entsprechend besserer Arbeitsleistung.

Die Palette der familienfreundlichen Massnahmen bei der Glutz AG reicht im Bereich der Arbeitsmodelle von der Jahresarbeitszeit, flexibler Arbeitszeit mit variablen Präsenzzeiten bis hin zur Gleitzeit; im Bereich familienbezogener Urlaub von der Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs als unbezahlter Urlaub, Verlängerung des gesetzlich vorgeschriebenen Vaterschafsurlaubs um 5 Tage bis zum Teilzeit-Einstieg nach Elternpause. Zudem sei man sehr offen für unbezahlte Urlaube und im Weiteren gebe es etwa die Möglichkeit, fünf Ferientage pro Jahr zu kaufen. «Gerade die selbst finanzierten Ferien sind hoch im Kurs. Nutzen doch rund 10 Prozent der Belegschaft diese Möglichkeit», hält Jäggi fest. Dasselbe gelte für die Möglichkeiten des Home-Office. «Jeder Arbeitnehmer hat zwar einen Arbeitsplatz in der Firma, jeder kann nach Absprache aber ein bis zwei Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten.»  Die Flexibilität werde von der Belegschaft sehr geschätzt, berichtet Jäggi.

Gesamtpaket ist entscheidend

Hinter der familienfreundlichen Personalpolitik steckt logischerweise auch ein Eigeninteresse der Firma. Denn die Suche nach geeigneten Fachkräften ist und bleibt eine der grössten Herausforderungen für ein Unternehmen. Dies gelte insbesondere für Firmen mit vielen langjährigen Mitarbeitenden und einer entsprechend hohen Altersfluktuation. Jäggi verspricht sich für familienfreundliche Arbeitgeber einen Vorteil im Rekrutierungswettbewerb. «In zahllosen Bewerbungsgesprächen zeigt sich, dass der Lohn heute alleine nicht mehr der wichtigste Faktor ist.» Abgesehen davon könne sich heute aufgrund der hohen Transparenz keine Firma mehr leisten, keinen Marktlohn anzubieten. Gleich oder teilweise noch wichtiger seien eben die sogenannten Softfaktoren. Letztlich entscheide bei einer Rekrutierung jeweils das Gesamtpaket. Jäggi ist überzeugt, dass die Gehaltshöhe nur ein kurzfristiger Motivator für die Annahme einer Arbeitsstelle sei. «Eine familienfreundliche Anstellungspolitik ist viel nachhaltiger.» Und familienfreundliche Anstellungsbedingungen seien auch nicht grundsätzlich teurer. Wenn es gelinge, nur eine offene Stelle adäquat mit einem motivierten und qualifizierten Arbeitnehmer zu besetzen, lohne sich der Mehraufwand. Dagegen würden etwa krankheitsbedingte Ausfälle viel höhere Kosten verursachen.

Imagepflege für Firma

Für Jäggi handelt es sich bei den Bestrebungen um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch um eine Imagepflege einer Firma. «Wir wollen ein Zeichen setzen.» Deshalb werde das gesamte Massnahmenpaket bei Vorstellungsgesprächen explizit und aktiv angesprochen. Es gelte aber nicht nur, neue qualifizierte Mitarbeitende zu finden, sondern auch darum, der bestehenden Belegschaft Perspektiven aufzuzeigen. So habe die Glutz AG vor einem Jahr die Stelle für die Personalentwicklung neu geschaffen. Ziel sei es, Karrieremöglichkeiten aufzuzeigen und die Mitarbeitenden zu fördern und für stetige Weiter- und Ausbildungen zu motivieren.

Das sei für einen Industriebetrieb wie die Glutz AG sehr entscheidend. Das Unternehmen habe sich von einem Hersteller von mechanischen Produkten hin zu einem Anbieter von Hightech-Komfort- und Sicherheitslösungen gewandelt. Dies erfordere auch ganz andere Anforderungen an das Personal, so Jäggi. «Die Zukunft liegt in intelligenten und dauerhaften Zutrittslösungen.» Das vor fast 160 Jahren gegründete Unternehmen in Solothurn operiert unabhängig am Markt und befindet sich weiterhin in Familienhand. 2019 erwirtschaftete die Firma mit weltweit 300 Angestellten, davon 230 am Hauptsitz in Solothurn, einen Umsatz von 63 Millionen Franken. Durch den angestrebten Fokus auf die Kernkompetenzen und dem Corona-Effekt wird ein leichter Umsatzrückgang für das aktuelle Jahr erwartet. Jäggi: «Wir haben sofort reagiert und den Geschäftsgang an die Rahmenbedingungen angepasst.»

Text: Franz Schaible (im Auftrag der Wirtschaftsförderung), August 2020