Rotoflex AG, Grenchen
Farben für das Auge der Konsumenten
Die Konsumenten kaufen mit den Augen, insbesondere bei Lebensmitteln. Je verlockender die Verpackung, desto mehr Kunden greifen ins Regal. Die vor 46 Jahren gegründete Rotoflex AG in Grenchen spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie fertigt Farben und Lacke für Lebensmittelverpackungen. Das seit 2017 zur Daetwyler-Gruppe gehörende KMU kann sich dank Qualität und Innovation auf einem umkämpften Markt behaupten.
Das Fabrikgebäude der Rotoflex AG in Grenchen fällt aus der Reihe. Positiv. Anstatt eines grauen 08.15-Zweckbaus steht an der Lebernstrasse ein futuristisch anmutendes Gebäude, starke Aussenfarben setzen Akzente – und sind gleichzeitig ein Statement: Rotoflex fertigt lösemittelhaltige Farben und Lacke hauptsächlich für in der Lebensmittelindustrie eingesetzte Verpackungen. Jährlich sind es derzeit gegen 3000 Tonnen, wie CEO Pascal Diemand erklärt, der seit September 2019 das Unternehmen leitet. Rotoflex beschäftigt in Grenchen rund 60 Mitarbeitende, weltweit sind es über 70.
Der Herstellungsprozess ist komplex; Hauptkomponenten der Druckfarben sind Lösemittel, Pigmente und Bindemittel. Dazu kommen kleine Mengen an Additiven, die den Farben die gewünschten Eigenschaften geben. Ein wichtiger Produktionsprozess ist das Zerkleinern der Farbpigmente. Diese werden, so Diemand, auf sogenannten Perlmühlen zu einem Konzentrat gerieben. Aus diesen universellen Konzentraten werden dann fertige Farben mit unterschiedlichen Anforderungen hergestellt, indem eben Bindemittel, Lösemittel und Additive entsprechend der jeweiligen Rezeptur zugemischt werden.
Hohe Anforderungen an die Qualität
Für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie sind die Anforderungen an die Rotoflex-Produkte sehr hoch. Man unterscheide zwischen Farben und Lacken für den Aussendruck, für den Zwischenlagendruck und steril-beständigen Farben für den Zwischenlagendruck. «Allen gemeinsam ist, dass die Farben den gesetzlichen Anforderungen für indirekten Lebensmittelkontakt genügen müssen.» Beim Aussendruck seien vor allem mechanische und optische Eigenschaften gefordert wie etwa Kratzfestigkeit. Beim Zwischenlagendruck sei eine gute Verbundhaftung und gute Verdruckbarkeit gefragt. Bei steril-beständigen Farben dürfe beim Sterilisierungsprozess kein Ausbluten, Verfärben oder Nachlassen der Verbundhaftung auftreten.
Hauptkunden der Rotoflex AG sind Druckereien für flexible Verpackungen. Diese werden für Produkte des täglichen Bedarfs verwendet wie zum Beispiel Kaffee-, Toilettenpapier- oder Brot-Verpackungen. Die meisten Farben und Lacke würden kundenspezifisch produziert. Innovationen seien wichtig. Neben dem Geschäft der Farben und Lacke für die Verpackungsindustrie baue man beispielsweise einen neuen Geschäftsbereich «Security» auf. Auch da gehe es um Farben und Lacke, aber versehen mit Sicherheitselementen. Damit können Pässe, Sicherheitsdokumente oder auch Elemente von Banknoten versehen werden. «Längerfristig sehen wir ein grosses Wachstumspotenzial in diesem Markt.»
Stark in Osteuropa
Rund 80 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet Rotoflex im Export. Zahlen gibt das Unternehmen nicht bekannt. «Traditionell sind wir stark tätig in Russland, wo wir eine Tochterfirma betreiben, sowie in der Ukraine.» Über ein treues Kundenportfolio verfüge man auch im gesamten deutschsprachigen Raum. «Generell liegt unser strategischer Fokus in der Erschliessung der zentraleuropäischen Länder – dort sehen wir ein solides Wachstumspotenzial.»
Zwar sei Rotoflex kommerziell gesehen in einer Branche tätig, welche relativ stabil durch die Corona-Pandemie gekommen sei. Aber alle Wachstumsprojekte hätten aufgrund der eingeschränkten Reisetätigkeit unserer Vertriebs-Mitarbeiter und Anwendungstechniker nur schleppend vorangetrieben werden können. «Dies hat uns punkto Umsetzung unserer Strategie gebremst.» Eine Aussage über die Aussichten sei schwierig zu machen – dafür sei die Pandemie zu präsent. «Wir rechnen 2021 mit einer allmählichen Erholung und 2022 mit einem spürbaren Wachstum.»
Grenchen als idealer Standort
Diemand bezeichnet sich als grosser Verfechter des Werkplatzes Schweiz. «Aber wir müssen uns den Konkurrenzpreisen anpassen. Hohe Preisunterschiede sind nicht mehr zu rechtfertigen, ohne dass man ein Alleinstellungsmerkmal in den Produkten oder dem Service hat.» Es bestünden keinerlei Absichten, Rotoflex örtlich in die Daetwyler-Gruppe zu integrieren. «Unser Werk ist sehr modern und ideal auf die Marktbedürfnisse ausgerichtet.» Und nach über 45 Jahren sei Rotoflex ein Teil der Grenchner Industrie-Geschichte.
Zudem habe Grenchen seine Standort-Attraktivität in der Vergangenheit massiv gesteigert. Das Einzugsgebiet von möglichen Talenten für die Rotoflex sei gross – dies ist essenziell wichtig, wenn man in einem so kompetitiven Markt arbeite. Diemand: «Ich selber hatte ein falsches Bild von Grenchen, welches ich immer im Schatten von Biel und Solothurn gesehen habe. Ich durfte mich eines Besseren belehren. Die Zusammenarbeit mit den Behörden und den Wirtschafsverbänden ist hoch professionell.»
Text: Franz Schaible (im Auftrag der Wirtschaftsförderung), Februar 2021
1975 gegründet
Die Rotoflex AG wurde 1975 durch Chemiker Hans Tänzler in Grenchen gegründet. Er leitete die Firma bis er sie aus Altersgründen 1988 an Bernhard Bögli verkaufte. Unter seiner Leitung ist die Firma stark gewachsen. Daran änderte auch der Grossbrand 2005 nichts, welcher praktisch die ganze Infrastruktur zerstörte. Er baute die Firma komplett neu auf. Nach dem viel zu frühen Tod von Bögli kam es 2011 zu einem Management-Buyout. Im Rahmen einer strategischen Neuausrichtung übernahm 2017 die Daetwyler Global Tec Holding AG in Bleienbach 80 Prozent der Rotoflex-Anteile, 20 Prozent blieben im Besitz des Managements. Die Daetwyler-Gruppe mit rund 500 Mitarbeitenden fertigt unter anderem Maschinen und Rakelmesser für die Druckindustrie. Daetwyler und Rotoflex passen ideal zusammen, sagt Rotoflex-CEO Pascal Diemand. «Wir bearbeiten zum Teil die identischen Kunden und können diesen unser gemeinsames Wissen gebündelt zur Verfügung stellen.»